Besonderheiten einer Masterarbeit in der Industrie

Damit eine Masterarbeit im Unternehmen zu Erfolg wird, muss – bevor man sich mit Professor und Unternehmen auf ein Thema festlegt – viel Vorarbeit geleistet werden. Dabei gilt es für Studierende, die Interessen von Hochschule und Unternehmen zu balancieren. Darüber haben wir mit Prof. J.K. Axmann, Informatik-naher Maschinenbau-Professor an der TU Braunschweig gesprochen, der selbst schon viele praxisnahe Masterarbeiten betreut hat.

www.die-masterarbeit.de: Wann lohnt sich eine Masterarbeit im Unternehmen für Studierende?

Axmann: Grundsätzlich kann eine praxisnahe Abschlussarbeit immer dann vorteilhaft für Studierende sein, wenn das Thema spannend und wissenschaftlich relevant ist. Als Studierende/r – insbesondere wenn man nach Abschluss des Studiums plant, in die Industrie zu wechseln – sollte man sich immer fragen: könnte meine Expertise zu diesem Thema auch in einem zukünftigen Bewerbungsschreiben hilfreich sein? Abseits dieser Karrieregedanken ist es zudem essentiell zu prüfen, ob im Unternehmen eine valide Unterstützung bei der Erlernung und Anwendung wissenschaftlicher Methoden gegeben ist. Gerade für die Bachelorarbeit, die erste wirklich wissenschaftliche akademische Arbeit, ist dies natürlich sehr wichtig. Denn ansonsten kann man sehr schnell auf sich allein gestellt sein und wundert sich dann später über eine schlechte Note.

www.die-masterarbeit.de: Sie sprechen es an: Eine Abschlussarbeit ist immer noch eine universitäre Prüfungsleistung. Worauf sollten Studierende bei der Wahl des Betreuers achten?

Axmann: Die Wahl des richtigen Betreuers ist ein sehr wichtiger Schritt. Gerade an der Hochschule haben die Professoren natürlich auch eigene Forschungsgebiete und deshalb ein ausgeprägtes Interesse, Themen mit unmittelbarer Relevanz für diese zu betreuen. Studierende sollten also darauf achten, dass die Forschungsgebiete des Professors – aber auch der betreuenden Assistenten – sich mit dem Thema der Abschlussarbeit im Unternehmen decken. Sobald das praxisnahe Thema sinnvoll in den Forschungs-kontext des Professors integriert werden kann, ist der Betreuungsaufwand an der Hochschule besser zu rechtfertigen.

www.die-masterarbeit.de: Viele Studierende berichten davon, dass es schwierig ist, einen passenden Betreuer für die Masterarbeit zu finden. Woran liegt das?

Axmann: Während an Hochschulen mit anwendungsorientierten Schwerpunkten und Berufsakademien die praxisnahen Masterarbeiten gern gesehen sind, sind viele Professoren an den Universitäten zurückhaltender bei industrienahen externen Arbeiten, da neben der Fähigkeit Drittmittel einzuwerben, die wissenschaftliche Attraktivität der Forschungseinrichtungen die Reputation der Hochschule ausmacht. Viele Prüfungsordnungen erschweren auch das Betreuen von externen Arbeiten. Für Studierende ist es also wichtig, sich zu erkundigen, wie sich die verschiedenen Interessenslagen darstellen und welche bürokratischen Rahmenbedingungen sich bei einer Kooperation ergeben.

www.die-masterarbeit.de: Welche Schwierigkeiten ergeben sich erfahrungsmäßig in der Dreieicks-Kommunikation zwischen Studierenden, Unternehmen und Betreuer?

Axmann: Es ist vor allen Dingen wichtig, dass das Thema und der Umfang der Masterarbeit präzise inhaltlich abgestimmt werden. Dazu zählt auch, dass gemeinsam ein realistischer Zeitplan für die Bearbeitung der Abschlussarbeit erstellt wird. Der Studierende muss darauf achten, dass er ausreichend Bearbeitungsfreiraum und Zeit zum Schreiben erhält. Ansonsten kann es leicht passieren, dass der Studierende zum Laufburschen oder -mädel zwischen den Interessensgruppen wird. Denn es ist ja klar: ist der Studierende gut, versucht natürlich besonders das Unternehmen die Aufgaben möglichst weit zu fassen, um spannende inhaltliche Anregungen zu bekommen und ggf. auch weiteren Nutzen aus der Zuarbeit zu ziehen.

www.die-masterarbeit.de: Wie schätzen Sie den zusätzlichen koordinativen Aufwand einer externen Masterarbeit ein?

Axmann: Für den Studierenden gilt es primär, frühzeitig zu klären, wer in der Hierarchie welche Zuständigkeiten hat. Das heißt beispielweise auch: bedarf es eines Rahmenvertrags zwischen der Universität oder des Instituts und dem Industrieunternehmen? Muss der Präsident der Universität gegebenenfalls einen Vertrag unterschreiben? Reicht die Unterschrift des Institutsleiters? Fordert das Unternehmen Geheimhaltungsverträge und Sperrvermerke auf den Ausarbeitungen? Wer ist der konkrete Ansprechpartner im Unternehmen und wie viele 4-Augen-Interviews gibt es vor Beginn der Arbeit? Wer betreut die Arbeit an der Hochschule und gibt es auch dort geregelte Verantwortungs- und Besprechungsmodalitäten?

Dieser Klärungsprozess hilft den Studierenden frühzeitig sicherzustellen, dass die Betreuungssituation im Unternehmen und an der Hochschule den Erwartungen entspricht und dass bei der Anrechnung der Masterarbeit als Prüfungsleistung keine Schwierigkeiten auftreten. Deshalb ist es ebenfalls wichtig, frühzeitig die Bewertungsmaßstäbe festzulegen, sodass keine bösen Überraschungen auftreten.

Vielen Dank für das interessante Gespräch.